Die Erfindung der achromatischen Linse lässt sich bis in das 18. Jahrhundert zurückverfolgen und wurde zum Grundpfeiler fast aller modernen optischen Systeme wie Teleskope, Kameraobjektive oder Mikroskope. Der Grundgedanke dieser Linsen ist die Verbesserung der Bildqualität durch die Korrektur der chromatischen Aberration. Die Unvollkommenheit eines optischen Bildes kann verringert werden, indem zwei Materialien mit unterschiedlicher Dispersion in einem Objektivdesign so miteinander kombiniert werden, dass die Fokuspunkte verschiedener Wellenlängen zusammenfallen. Während Linsen mit korrigierter chromatischer Aberration für Anwendungen im Makrobereich weit verbreitet sind, bleibt ihre Herstellung im Mikrobereich eine Herausforderung.
Zwei-Photonen-Polymerisation für außerordentlich gute Mikrooptiken
Ein Team der Universität Stuttgart hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, mithilfe der Mikrofabrikationstechnologie von Nanoscribe nahezu perfekte Mikrolinsen herzustellen. Die Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP) ermöglicht es den Forschern, Freiformlinsen zu drucken, die zum einen die Unvollkommenheit sphärischer Linsen überwinden und zum anderen chromatische Aberrationen kompensieren können. In einem ersten Schritt druckten die Wissenschaftler hierfür eine hybride refraktiv-diffraktive Mikrolinse. Diese führt die Brennpunkte der beiden sichtbaren Wellenlängen von 500 nm und 700 nm zusammen. Um die chromatische Aberration noch weiter zu kompensieren, kombinierte das Team beim Druck der Hybridlinse zwei Materialien mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften. Auf diese Weise realisierten sie dank der Zwei-Photonen-Polymerisation die weltweit erste apochromatische refraktiv-diffraktive Mikrolinse.
Refraktive Optiken werden mit diffraktiven Optiken kombiniert
Mit dem Ziel, chromatische Aberrationen zu reduzieren, greifen die Forscher auf das Konzept einer hybriden refraktiv-diffraktiven Linse mit einem Durchmesser von 400 µm zurück und schöpfen dabei das Potenzial des unterschiedlichen Dispersionsverhaltens von refraktiven und diffraktiven Optiken aus. Während die Brennweite refraktiver Optiken mit zunehmender Wellenlänge zunimmt und sie damit eine positive Dispersion aufweisen, zeigen diffraktive Optiken das entgegengesetzte Verhalten. Additive Fertigungsverfahren wie z. B. das direkte Laserschreiben bieten eine große Designfreiheit, das den Wissenschaftlern die Kombination eines refraktiven mit einem diffraktiven Design in einer einzigen Linse ermöglichte. Diese hybride Mikrolinse bringt rotes und blaues Licht auf die gleiche Brennweite, sodass die Qualität der Bilder des Testobjekts im Vergleich zu einer asphärischen refraktiven Linse deutlich optimiert wird.
Mit Nanoscribe Druckmaterialien zu 3D-gedruckten Apochromaten
Vom Ehrgeiz gepackt, suchte das Team der Universität Stuttgart nach weiteren Optimierungen der achromatischen Linse mit dem Ziel, eine möglichst perfekte apochromatische Linse zu realisieren. Dafür zentral ist die Idee, eine dritte Wellenlänge von 600 nm zu korrigieren und in die Brennebene der beiden korrigierten Wellenlängen der achromatischen Linse zu bringen.
Herkömmliche Makro-Dubletten bestehen aus Glas, das unterschiedliche Dispersionseigenschaften aufweist. Sie können so eingestellt werden, dass sie verschiedene Wellenlängen auf ein- und denselben Brennpunkt bringen. Für den 2PP-gedruckten Apochromaten ließen sich die Wissenschaftler von diesem klassischen Ansatz inspirieren und druckten eine Dublettlinse aus Druckmaterialien mit unterschiedlichen optischen Eigenschaften.