Wie können wir mehr über das menschliche Herz und andere Organe lernen und Krankheitsverläufe oder therapeutische Wirkungen direkt untersuchen? Die Antwort liegt in miniaturisierten Lab-on-a-Chip-Systemen, die das jeweilige Organ isolieren und nachahmen. Wir haben berichtet, wie Wissenschaftler der Boston University eine Heart-on-a-chip-Plattform entwickelt haben, um Herzgewebe unter mechanischer Belastung und Stimulation zu untersuchen. Im nächsten Schritt haben die Wissenschaftler nun mit der Kombination von Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP) und Zellbiologie eine voll funktionsfähige Herzkammer hergestellt, welche Flüssigkeiten über die Kontraktion von Herzmuskelzellen durch das System pumpt.
Nächster Schritt zur 3D-gedruckten
Heart-on-chip-Plattform für die Forschung
Unser Herz ist ein wahrer Leistungsträger. Im Durchschnitt schlägt es etwa 100.000 Mal pro Tag und pumpt dabei mehr als 7.000 Liter Blut durch unseren Körper, wobei jede Kontraktion genug Kraft erzeugt, um das Blut in einem vollständig gedehnten Blutgefäß bis zu 9 Meter weit zu transportieren. Auch wenn Forschung und Medizin große Fortschritte im Verständnis dieses vielbeschäftigten Organs gemacht haben, stellen Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor ein großes Problem dar und sind weltweit die häufigste Todesursache. Vor diesem Hintergrund sind In-vitro-Modelle des Herzens wertvolle Werkzeuge, um das Verständnis der Herzphysiologie voranzutreiben, Krankheitsmechanismen zu untersuchen, Arzneimittel zu entwickeln und die Arzneimittelsicherheit zu bewerten. Sie bieten eine kontrollierte und zugängliche Plattform für die Herzforschung und tragen zur Verbesserung der kardiovaskulären Gesundheit bei.
Miniaturisiertes In-vitro-Modell des menschlichen Herzens
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der Universität Boston hat ein miniaturisiertes In-vitro-Modell einer menschlichen Herzkammer entwickelt, das die Funktion des Herzens nachahmt und durch integrierte Klappen einen gleichgerichteten Fluss erzeugt. Wie ein echtes Herz benötigt das mikroskalige Modell keine externe Energiequelle, um Flüssigkeiten durch das System zu pumpen, denn es wird durch Herzmuskelzellen (Kardiomyozyten) angetrieben. Die Wissenschaftler nutzten Nanoscribe‘s Zwei-Photonen-Polymerisationstechnologie für den 3D-Druck dieser Herzpumpe, einschließlich der Klappen bzw. Ventile, die einen unidirektionalen Fluss im System gewährleisten.
Zwei-Photonen-Polymerisation von biokompatiblen Zellgerüsten
Die Heart-on-a-chip Plattform besteht aus einem mikrofluidischen PDMS-Chip mit einer Versorgungskammer, der Herzpumpenkammer und einer Ausgangskammer. Eingebettet in der Herzpumpenkammer befindet sich das Schlüsselelement der Plattform, ein 3D-gedrucktes zylindrisches Gerüst aus dem biokompatiblen Fotolack IP-S. Dieses Gerüst ist in axialer Richtung frei verformbar und ermöglicht damit, Flüssigkeiten durch das System zu pumpen. Im mikrofluidischen System werden dann human-induzierte pluripotente Stammzellen (hiPSC-CM) auf das Gerüst ausgesät. Angetrieben durch die kontraktile Kraft dieser Zellen erzeugt das zylindrische Gerüst einen Druckgradienten, der eine Flüssigkeit in den mikrofluidischen Kanälen bewegt. Mehrere Design-Iterationen und empirische Tests waren notwendig, um zu einem ausgereiften Gerüstdesign zu gelangen, das einer erheblichen Gewebeverdichtung standhält und die Erzeugung eines Flusses ermöglicht, ohne zu kollabieren.
3D-Mikrofabrikation von Ventilen für unidirektionalen Fluss
Eine weitere Herausforderung für die Wissenschaftler war die Entwicklung eines Ventils, das einen gleichgerichteten Fluss zum Ausgangskanal gewährleistet. Wie bei einem natürlichen Herzen führen die Kontraktionen der Gerüstpumpe zu einer oszillierenden Strömung. Daher wurde ein Mikroventil entwickelt, das die Strömung gleichrichtet und dafür sorgt, dass ständig Flüssigkeit aus der Versorgungskammer in die Herzpumpenkammer und von dort in die Ausgangskammer gepumpt wird. Hier zeigt sich einmal mehr die Stärke der 2PP-basierten additiven Fertigungstechnologie: Design-Iterationen können leicht definiert und schnell gedruckt werden. Die Wissenschaftler testeten auf diese Weise mehrere Designs und fanden heraus, dass ein Ventil mit einer frei beweglichen, konvexen Platte, die zwischen dem offenen und dem geschlossenen Zustand hin- und herschwingt, am effizientesten ist.
Bedeutung des Biochip-Projekts
Die Ergebnisse des interdisziplinären Teams unter der Leitung der Boston University ebnen den Weg für die Erforschung von Krankheiten auf noch nie dagewesene Weise und könnten zu einer neuen Generation von Chip-basierten Versionen anderer Organe, wie der Lunge oder den Nieren, führen. Als BICO-Unternehmen hat Nanoscribe das große Potenzial der 2PP-basierten 3D-Mikrofabrikation für bio- und biowissenschaftliche Anwendungen erkannt. Mit Quantum X bio bietet Nanoscribe den weltweit präzisesten 3D-Biodrucker an.
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Video-Information
Video 1: Echtzeit-Video der Herzkammer in Aktion. Durch die Kontraktionen der kultivierten Kardiomyozyten werden Flüssigkeiten durch das System gepumpt. Video: Michas et al., Sci. Adv. 8, 16, (2022), Boston University.
Video 2: Ein Absperrventil in Aktion. Die konvexe Platte lässt die Flüssigkeit nur in eine Richtung fließen. Michas et al., Sci. Adv. 8, 16, (2022), Boston University.



