Endoskope sind wichtige Instrumente in der Medizin und werden z.B. in der Koloskopie zur Untersuchung des Darms und in der Gastroskopie zur Untersuchung des Magens eingesetzt. Bisherige Endoskope sind jedoch meist zu dick, um in feinste Blutgefäße einzudringen und diese zu untersuchen. Dank aktueller Fortschritte in der Faseroptik könnten bald auch Instrumente mit einem Durchmesser im Bereich von nur wenigen hundert Mikrometern gefertigt werden. Die Herausforderung besteht jedoch nach wie vor darin, sehr feine und zugleich leistungsstarke Freiform-Mikrooptiken herzustellen und an der Facette einer Faser anzubringen, um Bilder von hoher Qualität aus dem Inneren der Gefäße heraus aufnehmen zu können.
Die Machbarkeit solcher Mikrooptiken untersucht ein internationales Team der Universität Stuttgart zusammen mit der Universität Adelaide, dem Royal Adelaide Hospital, dem SAHMRI Institute in Adelaide und dem Monash Cardiovascular Research Center in Melbourne. Gemeinsam arbeiten sie an der Entwicklung, Herstellung und Prüfung des weltweit kleinsten Endoskops. Mit einem 3D-gedruckten mikrooptischen Endoskop untersuchen die Ärzte hierbei das Innere von tierischen und menschlichen Blutgefäßen.
3D-Mikrofabrikation von Freiform-Mikrooptiken auf einer Glasfaser
Bei der optischen Kohärenztomographie (OCT) dringt ein Lichtstrahl mit einem breiten Farbspektrum in das Gewebe ein. Die Analyse des reflektierten Lichts ermöglicht eine exakte Tiefenabbildung des Gewebes mit hoher räumlicher Auflösung. Die für diese Art der Endoskopie erforderlichen Mikrooptiken lenken einen Lichtstrahl aus dem Inneren der Glasfaser seitlich auf die Gefäßinnenwand ab. Auf diese Weise kann mit der Mikrooptik die Form des Gefäßes und die Tiefenzusammensetzung erfasst sowie deren Reflexion zurück in die Faser gesendet werden. Dank des minimalinvasiven Geräts entsteht so ein hochauflösendes Bild vom Inneren des Blutgefäßes.
Für die Strahlformung wird eine komplexe dreidimensionale Form der Mikrooptik benötigt. Sie besteht aus einer flachen und auf die Katheterhülle gerichteten Oberfläche sowie einem Freiformspiegel für die Totalreflexion. Der Strahl kann auf diese Weise umgelenkt und fokussiert werden. Darüber hinaus korrigiert die Mikrooptik auch optische Aberrationen in der transparenten Polymer-Katheterhülle. Mit der 3D-Mikrofabrikationstechnologie von Nanoscribe gelingt es den Wissenschaftlern, dieses einzigartige Design direkt auf die Facette einer Faser zu drucken. Die Bildgebungssonde rotiert und bewegt sich linear in der Katheterhülle, während ein 3D-Bild des Gefäßes aufgenommen wird.
OCT-bildgebende Diagnostik bei Ablagerungen und Cholesterinkristallen
Mithilfe des mikrooptischen Miniatur-OCT-Endoskops konnten die Wissenschaftler Ablagerungen und Cholesterinkristalle in menschlichen Halsschlagadern und in Arterien von Mäusen nachweisen. Ein Vergleich mit gefärbten Mikroskop-Aufnahmen des entsprechenden Gewebes bestätigt die Fähigkeit der Sonde, präzise und qualitativ hochwertige Bilder aufzunehmen. Das bislang kleinste bildgebende Endoskop ist damit ein leistungsfähiges neues Instrument, um das Verständnis für die Ursachen und Behandlungsmethoden von Herzkrankheiten in der Medizin voranzutreiben.