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23. August 2022

3D-gedruckte, gestapelte Mikrolinsen für die achromatische Röntgenoptik

Wie kann die Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP) auf Röntgenstrahlen basierende Bildgebungsverfahren verbessern? Ein Forschungsteam des Paul-Scherrer-Instituts in Villigen (Schweiz) hat in Zusammenarbeit mit der XRnanotech GmbH die weltweit erste achromatische Röntgenoptik mit der 3D-Mikrofabrikationstechnologie von Nanoscribe entwickelt. Dieses neue optische System ermöglicht eine achromatische Fokussierung im Submikrometerbereich über einen weiten Röntgenenergiebereich ohne jegliche Fokusjustierung.

REM-Aufnahme der refraktiven Multikomponenten-Mikroptik
REM-Aufnahme der refraktiven Multikomponenten-Mikroptik. Abbildung: Siehe unter dieser News

Das bekannteste Beispiel für die Röntgenbildtechnik ist die Radiographie in der medizinischen Diagnostik und ermöglicht hier die nicht-invasive Analyse von Knochen, Organen und anderem Körpergewebe. Aber nicht nur im medizinischen Bereich ist die Röntgentechnik ein leistungsstarkes Diagnosewerkzeuge. Da Röntgenstrahlen tief in Materialien eindringen, kann die innere Struktur von Objekten, die für sichtbares Licht unzugänglich sind, mit Hilfe von Röntgenmikroskopen im Detail untersucht werden. Darüber hinaus ermöglichen die kurzen Wellenlängen der Röntgenstrahlen hochauflösende Bilder von kleinsten Proben bis hin zu einzelnen Viren im Nanometerbereich.
Da der chromatische Abbildungsfehler der eingesetzten refraktiven und diffraktiven Optiken zu unterschiedlichen Fokuspositionen für verschiedene Röntgenenergien führt, sind röntgenbasierte Mikroskope derzeit auf Strahlungsquellen mit geringer Bandbreite beschränkt.

Zwei-Photonen-Polymerisation für leistungsstarke Röntgenachromaten

In einer gemeinsamen Studie haben Wissenschaftler des Paul Scherrer Instituts in Villigen und Experten der XRnanotech GmbH sich dieser Problemstellung angenommen und mit Hilfe von Nanoscribes 3D-Drucktechnologie den weltweit ersten Röntgenachromaten entwickelt. Diese achromatische Optik besteht aus zwei Elementen, einer durch Elektronenstrahllithographie hergestellten Fresnel-Zonenplatte (FZP) und einem 3D-gedruckten Gerüst, welches vier refraktive Parabol-Mikrolinsen miteinander kombiniert. Das 2PP-gefertigte Mikrolinsensystem ist das Herzstück der Entwicklung und ermöglicht eine Korrektur der chromatischen Aberration für Anwendungen wie der Raster-Transmissions-Röntgenmikroskopie (STXM) mit einer Breitband-Röntgenquelle.

Refraktive Multikomponenten-Mikroptik mit hohem Aspektverhältnis

Die Idee zur Korrektur der chromatischen Aberration stammt aus dem 18. Jahrhundert. Durch die Kombination einer fokussierenden Linse aus Kronglas und einer Zerstreuungslinse aus Flintglas entstand ein achromatisches Dublett für sichtbares Licht. Die unterschiedlichen Dispersionscharakteristiken der beiden Materialien führen, in Kombination mit richtig abgestimmten Linsendesigns, zu einer Korrektur der chromatischen Aberrationen.

Um dieses Konzept auf den Röntgenbereich zu übertragen, mussten die Forscher einige Herausforderungen meistern. So ist der Dispersionsunterschied zwischen den Materialien bei hochenergetischer Röntgenstrahlung vernachlässigbar und das Konzept der Dublett-Mikrolinsen kann damit nicht direkt auf einen Röntgenachromaten übertragen werden. Stattdessen machte sich das Forscherteam die unterschiedlichen Fokussierungseigenschaften von diffraktiven und refraktiven Mikrolinsen zunutze. Während die Brennweite von refraktiven Linsen mit der zweiten Potenz der Energie skaliert, ist sie bei diffraktiven Optiken linear von der Energie abhängig. Damit ist es möglich, die chromatische Aberration des fokussierenden diffraktiven FZPs durch die Kombination mit einer defokussierenden refraktiven Mikrooptik auszugleichen.

3D-gedruckter Mikrolinsenstapel

Die Herstellung einer geeigneten refraktiven Mikrooptik für den Röntgen-Achromaten stellte für die Wissenschaftler die größte Hürde dar, da sich Röntgenstrahlen im Gegensatz zu sichtbarem Licht nicht leicht brechen und damit die Brennweiten normaler Linsen unpraktisch lang werden. Das Team aus der Schweiz meisterte diese Herausforderung, indem es Nanoscribe's Technologie für den 3D-Druck von vier übereinanderliegenden Paraboloid-Mikrolinsen nutzt. Mit einem Radius von nur 5,3 µm und einer Höhe von jeweils 236 µm werden die vier 2PP-gefertigten Mikrolinsen in einem Stack-Design gedruckt. Da der Brechungsindex von Materialien für Röntgenstrahlen etwas niedriger als 1 ist, druckten die Forscher konvexe Mikrolinsen, um die gewünschte Zerstreuung der Röntgenstrahlen zu erreichen, im Gegensatz zu Linsen für sichtbares Licht, die das Licht mit der gleichen Linsenform fokussieren würden.
Durch die Kombination des refraktiven Mikrolinsenstapels mit dem diffraktiven FZP stellte das Team den ersten Röntgen-Achromaten her, der Röntgenstrahlen über einen breiten Wellenlängenbereich fokussieren kann. Diese Entwicklung öffnet den Weg für neue Anwendungen in der Spektroskopie mit monochromatischer Strahlung, die keine weiteren Einstellungen mehr erfordert, sowie in der Mikroskopie. Hier können Scanzeiten durch die volle Nutzung breitbandiger Röntgenquellen drastisch reduziert werden.

Für weitere Verbesserungen schlagen die Forscher Anpassungen im Design der refraktiven Linse vor, was genau eine Stärke des 2PP-basierten 3D-Drucks ist: Vollständige Designfreiheit.

 


Sind Sie an weiterführenden Einblicken in dieses spannende Forschungsprojekt interessiert? Dann lesen Sie hier die komplette wissenschaftliche Publikation: An achromatic X-ray lens | Nature Communications

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Bildrechte: Kubec, A., Zdora, MC., Sanli, U.T. et al. An achromatic X-ray lens. Nat. Com. 13, 1305 (2022).

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