Für Gradientenindex-Optiken (GRIN) typisch ist, dass Licht sich nicht wie üblich in einer geraden Linie ausbreitet, sondern einem gekrümmten Weg folgt. Dieses Phänomen geht auf die sukzessive Änderung des Brechungsindex im Inneren des Materials zurück. Ein sehr anschauliches Beispiel für die Funktionsweise eines solchen GRIN-Elements stellt die Linse des menschlichen Auges dar. Dabei nimmt der Brechungsindex von der Oberfläche der Linse zu ihrem Kern hin allmählich zu. Dank der darauf aufbauenden Korrektur der chromatischen Aberration kann das menschliche Auge hochauflösende Bilder gleichermaßen für sehr nahe und weite Distanzen erzeugen. Im technischen Bereich sind GRIN-Linsen wichtige Komponenten zum Beispiel innerhalb miniaturisierter optischer Systeme. Flache GRIN-Linsen eignen sich für den direkten Einsatz in technischen Systemen wie auf Lichtleitfasern oder im Zusammenspiel mit refraktiven Linsen für aberrationskorrigierte, hochauflösende Abbildungsverfahren.
Mit der Zwei-Photonen-Lithografie zu dreidimensionalen Gradientenindex-Linsen
Wissenschaftler der University of Illinois Urbana-Champaign haben kürzlich mit einem 3D-Drucker von Nanoscribe ein neues Mikrofabrikationsverfahren für GRIN-Optiken entwickelt. Das neue Fertigungsverfahren basiert auf der Zwei-Photonen-Polymerisation (2PP) und ermöglicht die Herstellung optischer Freiform-Elemente gepaart mit einer simultanen Kontrolle von Geometrie und Brechungsindex. Als eindrucksvolle Demonstration ihrer neuen Mikrofabrikationsmethode haben die Wissenschaftler die weltweit kleinste Lüneburg-Linse gedruckt, die sichtbares Licht fokussieren kann. Genau wie im menschlichen Auge nimmt ihr Brechungsindex zum Zentrum hin allmählich zu und verleiht ihr so ihre einzigartigen optischen Eigenschaften.
SCRIBE – Subsurface Controllable Refractive Index via Beam Exposure
Das Photonic Professional System von Nanoscribe ermöglicht, Lüneburg-Linsen sowie andere optische Freiformkomponenten mit unterschiedlichen Brechungsindizes direkt in ein nanoporöses Gerüstmaterial (z. B. poröses Glas und Silizium) zu drucken. Dabei wird nicht wie üblich direkt auf die Oberfläche eines Substrats, sondern im Inneren eines porösen Gerüsts 3D-gedruckt. Durch eine Variation der Schreibparameter beim direkten Laserschreiben lässt sich die Menge des im nanoporösen Gerüst eingeschlossenen Polymers anpassen und damit auch der effektive Brechungsindex der gedruckten Strukturen. Diese neue Fertigungsmethode wird SCRIBE genannt (subsurface controllable refractive index via beam exposure) und ermöglicht es, den Brechungsindex mit einer räumlichen Auflösung im Submikrometerbereich über einen bisher unerreichten Bereich von mehr als 0,3 zu variieren.
Von aberrationsfreien Abbildungen zu High-Speed-Kommunikationsanwendungen
Die Forscher drucken eine Vielzahl beeindruckender optischer Komponenten, unter anderem die bereits beschriebene Lüneburg-Linse, um das Potenzial der neuen SCRIBE-Methode für mikrooptische Anwendungen zu demonstrieren. Darüber hinaus fertigten die Wissenschaftler mit einem Nanoscribe Photonic Professional System eine achromatische Dublett-Linse, die im letzten Bild zu sehen ist. Licht, das durch dispersive, optische Linsen fokussiert wird, hat einen wellenlängenabhängigen Brennpunkt. Das Besondere an der Dublett-Linse ist, dass zwei Linsen mit unterschiedlichen Brechungsindizes kombiniert werden, um die chromatische Aberration zu reduzieren. In diesem Beispiel korreliert die Fluoreszenzintensität des Bildes mit dem Brechungsindex, sodass das gedruckte Dublett aus zwei Einzellinsen sichtbar wird.